„Die dhu konnte alle geplanten Neubau- und Modernisierungsmaßnahmendurchführen.“
Es herrscht Krieg und gleichzeitig droht das Klima zu kollabieren. Auch Corona ist noch nicht ausgestanden. Vor diesem Hintergrund ist der Vorstand mit dem Geschäftsjahr 2021 zufrieden. Die dhu konnte alle geplanten Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen durchführen. Der Klimaschutz und das Bauvorhaben im Schlicksweg in Barmbek standen dabei besonders im Fokus. Die Redaktion der „bei uns“ fragte nach.
Klimafragen und die Coronapandemie haben das vergangene Jahr erneut stark geprägt. Und nun Krieg in einem europäischen Land. Wie verliefen das Geschäftsjahr 2021 und das erste Quartal 2022?
Frank Seeger: Das Jahr 2021 verlief gut, auf die Geschäfte unserer Baugenossenschaft und die Mitglieder haben sich die Ereignisse bislang wenig ausgewirkt. Dafür sind wir dankbar.
Die Coronapandemie scheint nicht vorbei, doch wir sind gut durch diese Zeit gekommen und haben inzwischen eine gewisse Normalität erreicht – dank vieler Vorsichtsmaßnahmen, die wir getroffen und die die Mitglieder und Mitarbeitenden mitgetragen haben.
Dennoch hält uns der Alltag in Atem. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine und wir helfen im Rahmen unserer Möglichkeiten. Die Gästewohnung der dhu haben wir auf Anregung mehrerer Mitglieder einer Flüchtlingsfamilie zur Verfügung gestellt. Die Wohnungswirtschaft in Norddeutschland organisiert weitere Unterstützung. Auch wir sind dabei.
Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum ist ohnehin groß. Was bedeuten die zusätzlichen Anfragen durch Geflüchtete aus der Ukraine für das Team der dhu?
Torsten Götsch: Das sind weitere Herausforderungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Wohnungsvergabe. Die starke Nachfrage nach günstigem Wohnraum besteht ja schon seit längerer Zeit. Für Menschen in prekären Verhältnissen ist es extrem:. Zurzeit leben in Hamburg etwa 30.000 Menschen in öffentlicher Unterbringung. Das allein bedeutet einen Bedarf von mehr als 10.000 Wohnungen, mehr als die gesamte Bauleistung eines einzigen Jahres. Die dhu kommt auf jeden Fall der mit der Stadt getroffenen Kooperationsvereinbarung nach, hier Wohnungen zur Verfügung zu stellen.
Die Erfüllung des Förderauftrags, Wohnraum für die Mitglieder zu bauen und zu erhalten, ist also von wachsender Bedeutung. Was gilt für die Umsetzung?
Frank Seeger: Sie ist von zeitraubenden Abstimmungen begleitet. Die Zahl der Vorschriften sowie die Erwartungen der Behörden nehmen keinesfalls ab. Von der Planung eines Gebäudes oder einer Maßnahme bis zur Fertigstellung vergehen in der Regel mehrere Jahre. Zudem sind für den Neubau geeignete Grundstücke im Hamburger Stadtgebiet kaum mehr verfügbar. Bei Nachverdichtungen auf eigenen Grundstücken ist viel Überzeugungsarbeit bei den dort Wohnenden, in der Politik und bei den Behörden zu leisten
Laut aktuellem Mietenspiegel hat sich das Wohnen in der Hansestadt gegenüber 2019 um 7,3 Prozent verteuert. Was bedeutet diese Entwicklung für Mitglieder und Mietinteressenten?
Torsten Götsch: Die Entwicklung bereitet uns Sorgen. Wer keinen öffentlich geförderten Wohnraum beziehen kann, leidet besonders unter den Erhöhungen. Dabei gehört in Hamburg knapp die Hälfte der Wohnungen dem kommunalen Unternehmen SAGA und den Wohnungsgenossenschaften. Das wirkt sich dämpfend auf den Mietpreis aus.
Die dhu passt die Mieten, die genossenschaftlichen Nutzungsgebühren, jedenfalls nicht an, weil es der Markt hergibt, ist aber auf Erhöhungen angewiesen. Am Beispiel der Instandhaltung lässt sich das verdeutlichen: Durch die erwarteten Kostensteigerungen bei Handwerksfirmen um etwa 10 Prozent haben wir nur die Möglichkeit, weniger Instandhaltungsmaßnahmen umzusetzen oder mehrere 100.000 Euro mehr auszugeben. Die dhu hat Verantwortung für den Wohnungsbestand – er ist zu pflegen und zu erhalten. Um weitere Gelder zu erwirtschaften, spielen Erhöhungen eine wichtige Rolle.
Wie steht die dhu zu den Anforderungen, bis 2045 klimaneutral zu sein?
Frank Seeger: Wir stehen zu den EU-Klimazielen und sind seit Jahren mit dem Thema befasst. Die dhu wird ihre Klimaziele erreichen, davon sind wir überzeugt. Die Umsetzung der Ziele bringt allerdings hohen finanziellen Aufwand mit sich. Verschiedene Berechnungen gehen von einem zusätzlichen Bedarf von 1.000 Euro pro m² für die energetische Modernisierung aus – für die dhu wäre das ein zusätzlicher Aufwand von 280 Millionen Euro, auf 25 Jahre verteilt. Durch Förderprogramme und mögliche Standardisierung könnten die Kosten sinken. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass die Preise für Modernisierungsmaßnahmen aktuell steigen und sich das auch auf die dhu auswirken wird.
Was, bei aller Anerkennung der Klimaziele, bedacht werden muss: In unseren Gebäuden werden wir immer Energie verbrauchen, allein geheizt und gekocht wird immer. Aber die Art der verbrauchten Energie muss sich ändern, sie muss CO2-neutral sein.
Was ist dafür nötig?
Frank Seeger: Vor allem Planungssicherheit und schnellere Bearbeitungszeiten. Es hat allein sechs Jahre gedauert, die jetzt laufende energetische Modernisierung in der Ohlsdorfer Straße vorzubereiten.
Zugleich kritisieren wir praxisferne Anforderungen wie die, auf jedes Dach eine Photovoltaikanlage zu setzen. Das ist allein aus Gründen der Statik und der Ausrichtung nicht überall sinnvoll. Um größere CO2-Einsparungen zu erzielen, ist Flexibilität nötig und es braucht Konzepte, die möglichst über die einzelne Wohnanlage hinausgehen. Wir machen einen ersten Schritt und überdenken für die mögliche Modernisierung des Wohnungsbestandes in der Barmbeker Oldachstraße und der Hermann-Kaufmann-Straße ein quartierübergreifendes energetisches Konzept.
Was können die Mitglieder tun?
Inwieweit sind sie betroffen?
Torsten Götsch: Wir alle müssen, wo immer möglich, Energie einsparen. Die Energiekosten sind 2021 um 10 bis 20 Prozent gestiegen, verursacht unter anderem durch den kälteren Winter und die CO2-Bepreisung. Durch die vereinbarten Vorauszahlungen für die Heizkosten werden 2022 vermutlich nur geringe Nachzahlungen fällig. Aber wir werden nicht umhinkommen, die Vorauszahlungen für 2023 anzupassen.
Bei der Energieerzeugung möchten sich Mitglieder zunehmend engagieren und fragen zum Beispiel nach Sonnenkollektoren für Balkone. Dieses Engagement begrüßen wir und klären derzeit die Rahmenbedingungen.
Zurück zu den Coronamaßnahmen.
Wie geht es weiter?
Torsten Götsch: Im April haben wir die Geschäftsstelle, die Nachbartreffs und die Gemeinschaftsräume wieder geöffnet. Am Mittwoch jeder Woche soll bis 18 Uhr geöffnet sein, damit möglichst alle Mitarbeitenden für die Mitglieder persönlich erreichbar sind.
Zugleich hat sich das mobile Arbeiten im Homeoffice bei der dhu bewährt und bleibt mittelfristig als Angebot bestehen. Auch im neuen Büro am Schlicksweg werden die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, zu wählen. Wir möchten ein attraktiver Arbeitgeber bleiben und sind auf einem guten Weg.
Das Bauvorhaben am Schlicksweg ist in der konkreten Planung, wie ging es voran?
Frank Seeger: Mit einem wichtigen Schritt: Der Grundstückskaufvertrag wurde Ende 2021 unterschrieben – in Gemeinschaft mit der Coop eG Kiel, die die Einzelhandelsflächen und im nördlichen Teil das freifinanzierte Wohnen übernehmen wird. Die dhu besitzt rund 60 Prozent der Gesamtfläche und gestaltet die geplante Kita und das geförderte Wohnen im südlichen Teil. Eine Wohngemeinschaft mit mehreren Eltern-Kind-Einheiten wird dort einziehen, betreut durch die AWO. Wahrscheinlicher Baubeginn ist in diesem Jahr, Fertigstellung wahrscheinlich Ende 2024. Keine Kleinigkeit und auch gut: Die im Januar zeitweilig auf der Kippe stehende Förderung konnte gesichert werden.
Und der Neubau in der Julius-Vosseler-Straße?
Frank Seeger: Wir freuen uns sehr, dass ab Mitte des Jahres die 109 öffentlich geförderten Wohnungen bezogen werden. Ein tolles, aber zwischenzeitlich auch sehr herausforderndes Projekt ist damit zu einem guten Abschluss gekommen. In die Wohnungen mit unterschiedlichen Größen werden einige Familien und auch etliche neue Mitglieder einziehen. Auch darüber freuen wir uns.
Was steht im Bereich Modernisierungen an?
Frank Seeger: Wir setzen die Maßnahmen fort, die durch die Pandemie erfreulicherweise nur gering verzögert wurden: 39 Wohnungen in Winterhude werden aktuell modernisiert, für weitere 75 Wohnungen in Hamm und rund 200 in Barmbek sind Maßnahmen geplant. 2021 haben wir die Modernisierung von 56 Wohnungen in Horn und 32 in Barmbek abgeschlossen.
Musterwohnung in der Julius-Vosseler-Straße
Aufsichtsrat und Vertreter begleiten die Entwicklung der Genossenschaft. Wie lief es unter Coronabedingungen?
Torsten Götsch: Der für den persönlichen Austausch wichtige Vertreter-Info-Tag hat 2021 leider nicht stattgefunden. Ein digitaler Infovormittag für die Vertreterinnen und Vertreter fand Ende März statt, konnte aber trotz überwiegend positiver Resonanz ein persönliches Treffen nicht ersetzen. Die Vertreterversammlung im Juni wurde, auf das Wesentliche beschränkt, in Präsenz abgehalten.
Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Vertreterversammlung, Aufsichtsrat, Mitarbeitern und Vorstand, befasst sich mit einer Anpassung der Satzung. Es geht dabei um Erfahrungen aus der Pandemiezeit sowie um eine neue Wahlordnung. Die Beschlüsse dazu werden voraussichtlich 2023 in der Vertreterversammlung gefasst.
Was gibt es von der vor drei Jahren gegründeten dhu Service GmbH zu berichten?
Frank Seeger: Die Entscheidung, eine GmbH zu gründen, um Kosten zu senken, war richtig. Wir sind stolz darauf, zwei Arbeitsplätze, für eine Malerin und einen Maler, geschaffen zu haben. Die Malerarbeiten sind von guter Qualität, das bestätigen auch die Mitglieder. Darüber hinaus wurden weitere Wohnungen mit fernauslesbaren Geräten zur Ermittlung des Heizkostenverbrauchs ausgestattet. Wir erwarten für die dhu Service GmbH ein positives Jahresergebnis.
Und die dhu Stiftung?
Torsten Götsch: Die Stiftung ist ihrem satzungsgemäßen Auftrag nachgekommen. Corona hat sich auch hier ausgewirkt; viele Projektträger mussten ihre Förderanträge entsprechend anpassen. 28 Projekte mit zusammen fast 48.000 Euro wurden 2021 gefördert, 13 Anträge wurden bereits bis Mitte 2022 gestellt.
Ein Blick in die Zukunft, bitte.
Frank Seeger: Wir wünschen uns mehr Frieden in der Welt und mit Blick auf die dhu freuen wir uns auf mehr persönlichen Austausch in den Gremien und den Quartieren. Angesichts der weiteren Herausforderungen vertrauen wir darauf, dass unsere Unternehmensform, das engagierte Mitarbeiterteam sowie die Vertreterversammlung und der Aufsichtsrat unser Handeln weiterhin tragen und begleiten. Wir danken allen, die zum guten Abschluss dieses Geschäftsjahres beigetragen haben.
Mehr zum Geschäftsjahr in der Sommerausgabe der bei-uns.
Den gesamten Jahresabschluss finden Sie im Geschäftsbericht 2021. Ein gedrucktes Exemplar erhalten Sie ab Juli in der Geschäftsstelle und hier zum Download.