„Woher kommt der Hass?“

Interview mit der Autorin Anne Otto, 6 Minuten Lesezeit

Anne Otto ist Diplom-Psychologin und Wissenschaftsjournalistin. In ihrem Online-Vortrag für die dhu am 7. September setzt sie sich mit den Gründen für die Abwertung anderer auseinander und stellt Strategien vor, dem zu begegnen.

bei uns: Frau Otto, Sie haben Menschen in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen kennengelernt, unter anderem waren Sie in einer Jugendwohngruppe und in einem Frauengefängnis tätig. Als Autorin befassen Sie sich mit den Themen Hass und Rechtsradikalismus. Was ist Ihr Motiv?

Anne Otto: Mich interessiert die psychologische Seite menschlicher Phänomene. Seitetlichen Jahren beobachte ich eine Radikalisierung und Stärkung rechtsradikaler Tendenzen. Es ist nicht okay, andere Menschen als minderwertig zu betrachten, sie zu erniedrigen. Doch Umfragen zeigen, dass rassistische Gedanken in der Bevölkerung durchaus auf Zustimmung stoßen. Das finde ich gefährlich. Ich komme aus einer Familie, die sich stark mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt hat und wo man sich zu Wort meldet, wenn es im Umfeld ungerecht zugeht.

Ihr Buch „Woher kommt der Hass?“ ist unterteilt in die Bereiche „Innen“, „Außen“ und „Machen“. Was hat es mit der Innensicht auf sich?

Anne Otto: In jedem Menschen schlummern Impulse, die schwer aushaltbar sind oder die man nicht wahrhaben will. Ungut ist es, die Schattenseiten auf andere zu projizieren, etwa auf den eigenen Partner oder Geflüchtete. Wenn jeder seine Schattenseiten besser kennen und akzeptieren würde, gäbe es mit Sicherheit weniger Hass und Anfeindungen. Wenn beim Fußballspiel die eigene Mannschaft für die beste gehalten wird, ist das menschlich. Doch die Grenze zur körperlichen Gewalt darf nicht überschritten werden.

Derzeit ist oft das Gegenteil der Fall. Was können wir im Alltag tun, um der Abwertung anderer und dem Rechtsruck etwas entgegenzusetzen?

Anne Otto: Ich habe in meinem Buch Empfehlungen zusammengestellt, wie man zum Beispiel mit Rechten reden kann, ohne an der platten Rhetorik abzuprallen. Nicht immer ist eine Diskussion angebracht. Aber es ist wichtig, überhaupt etwas zu sagen und nicht wegzuschauen. Höflich und ruhig in der Sache auftreten, und klar in der inhaltlichen Argumentation – es geht um die Haltung. Ich habe eine To-do-Liste erstellt:
40 konkrete Tipps, wie man sich verhalten kann, damit autoritäre Impulse und Dynamiken weniger Chancen haben.

Anne Otto: Woher kommt der Hass?

Die psychologischen Ursachen von Rechtsruck und Rassismus

Gütersloher Verlagshaus, 2019, 22 Euro

BUCHTIPPS

 Angemessen Kontra geben
Im beruflichen und persönlichen Bereich treffend kontern und sich bei Angriffen wirksam durchsetzen – darum geht es in dem Buch der Wissenschaftlerin und Beraterin Iris Zeppezauer. Mit vielen Beispielen aus der Praxis wird illustriert, wie wir verbale Attacken und deren Motive durchschauen, die Schockstarre überwinden und angemessen kontern.

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